Das Ende von Systemsprenger

Benni Tod?

Viele stellen die sich den Film Systemsprenger angeschaut haben stellen sich die Frage ob Benni am Ende gestorben ist. Ich selbst habe mir auch schon so meine Gedanken gemacht, und möchte die Welt nun mit diesem Artikel daran Teil haben lassen.

Offensichtlicher Effekt

Als allererstes fällt auf das die Benni über die Terrasse von Hamburg Airport rennt, und auf einmal kommt ein Bruch einer Fensterscheibe die sich über das ganze Bild erstreckt. Der Film Systemsprenger ist in erster Linie Pädagogisch. Deswegen ist ein Blutbad am Ende natürlich auch sehr unpassend. Doch ein Happyend hätte letztendlich auch bedeutet dass der Ansatz für ein Teil 2 von Systemsprenger verbaut worden wäre. Am Ende bleibt dass alles natürlich nur Spekulation. Ich persönlich interpretiere den Effekt so, dass die Kreativität nach diesem wirklich schönen Meisterwerk doch aufgebraucht war, und die Regie es sich da auch einfach gemacht hatte. Diese Unterstellung klingt auf dem ersten Blick natürlich etwas Böse, doch sie ist keinesfalls böse gemeint.

Keine Trauerfeier

Ein Grund warum ich die Endsequenz von Systemsprenger so interpretiere das Benni noch lebt ist relativ simpel. Wäre die kleine Benni wirklich gestorben, dann hätte es nach der nächsten Einblende doch eine Trauerfeier, oder Szenen auf einem Friedhof geben müssen. So makaber es vielleicht auch klingen mag, aber da ist irgendwie doch was Wahres dran. Benni selbst wirkte in den letzten Szenen davor auch nicht wirklich Suizidal, sie hatte vielmehr einfach Angst ihr Plüschtier abzugeben, die Flucht war eine Panische Reaktion. So viel dazu! Doch eines verunsichert mich doch, und zwar: Die kleine Benni breitete in der letzten Szene ja ihre Arme aus, so als würde sie fliegen. Das lässt einen schon drüber nachdenken, ob Benni nicht von einer Sekunde zur anderen mit innerlich mit ihren Leben abgeschlossen haben könnte.

Obwohl das nie in Film selbst gesagt wurde, so ist es doch offensichtlich das Benni an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Eine PTBS Störung kann in Überforderungen durchaus auch Suizidgedanken hervorrufen. Ich habe mir die letzten Szenen von Systemsprenger mehrmals angesehen, und sehr lange Nachgedacht was genau am Ende eigentlich passiert sein könnte. Interessant ist das besonders am Ende die Macher von Systemsprenger den Zuschauern sehr viel Spielraum für eigene Interpretationen gelassen haben. Gerade das macht den Film Systemsprenger auch so einzigartig.

Letztendlich überwiegt aber die Theorie das Benni am Ende nicht gestorben ist, sondern die Filmemacher von Systemsprenger sich einfach nur eine Hintertür offenhalten wollten für eine mögliche Fortsetzung. Ich selbst hatte auch nicht das Gefühl das etwas Schlimmes passieren würde, als ich Systemsprenger das erste Mal gesehen habe. Und die ausgebreiteten Arme, Bennis Vorstellung von Fliegen an einen Flughafen, das ist jetzt auch nicht so abwegig. Welches Kind träumt nicht von Fliegen? Da jetzt suizidale Gedankengänge hinein zu interpretieren halte ich selbst nach genaueren überlegen für Falsch! Und am Ende haben wir noch den eigentlichen Effekt, den Tod von Benni hätte man offensichtlicher darstellen können, auch ohne Blut zu zeigen. Das würde den Film nicht gerade schlechter machen. Doch einen letzten Aspekt der gegen den offensichtlichen Tod von Benni spricht möchte ich hier auch noch mal ansprechen. Der Film Systemsprenger ist selbst für Erfahrene Pädagogen schon Psychisch sehr fordernd. Ich denke mal um die Psyche der Zuschauer zu schonen wurde auf eine offensichtliche Todesszene verzichtet.

Ich würde mich ja sehr darüber freuen wenn die Filmemacher von Systemsprenger mal mit mir in Kontakt treten würden, auf jeden Fall beglückwünsche ich die Macher von Systemsprenger sehr. Nicht nur das es ein deutscher Film ist, sondern er spielt auch noch in Hamburg und ist von der Qualität her wirklich auf Hollywood Niveau. Und das ist letztendlich auch für mich eine Überraschung gewesen als ich mir Systemsprenger zum ersten Mal im Kino angesehen habe.

Die Botschaft hinter Systemsprenger

Im Ganzen Film wird bereits eines deutlich. Egal wo Benni ankommt, sie eckt immer wieder an, sie weiß nicht wo hin! Und dieses Gefühl der Verzweiflung und der Unsicherheit ist an einigen Stellen im Film auch besonders stark zu spüren. Zum Beispiel als die kleine Benni von Micha (den Schulbegleiter) abhaut und dann in Socken durch den Wald läuft. Diese Szene ist sehr düster gehalten und vermittelt einen wirklich genauen Eindruck, wie Benni sich in der Lage gefühlt haben muss. Aber auch schon vorher als sie aus dem Wilhelmstift abgehauen ist. Und die Szene am Ende, wo es wirklich aussah als ob es Benni wirklich gut gehen würde, der Effekt mit der zerbrochenen Glasscheibe vermittelt meiner Meinung nach er das Gefühl das keiner weiß wie es mit Benni weiter gehen wird. Die letzte im Film gezeigte Option, das Projekt in Afrika hat Benni ja auch verhauen, und brechende Glasscheibe ist ein guter Ausdruck von Ungewissheit, diese prägte den ganzen Film wobei sie Richtung Ende immer stärker wurde. Systemsprenger stellt die Zuschauer vor genau eine einzige Frage: Wie wird es weiter gehen mit Benni? Wer den Film zu Ende gesehen hat, dem wird diese Frage trotzdem nicht beantwortet.

Benni ist 9 Jahre alt, das Bedeutet bis sie 21 wird, und somit nicht mehr länger dem System der Jugendhilfe unterliegt müsste noch viel mehr Zeit vergehen. Darum ist es gut vorstellbar das Nora Fingscheidt und ihre Crew ein Teil 2 von Systemsprenger produzieren werden, wo Benni älter wird. Und geht man nach dieser Denkweise, dann ist es eine richtige Entscheidung gewesen die Zuschauer in der Frage wie es mit Benni weiter gehen wird offen zu lassen. Auf der anderen Seite bedeutet die Konsequenz dieser Überlegung dann aber auch, das Benni noch weiter lebt, wir uns vielleicht auf einen Teil 2 von Systemsprenger freuen können und diese Frage sich dann auch von selbst erledigen würde.

Übrigens würde ich mich auch freuen wenn sie meine Filmkritik zu Systemsprenger lesen würden. Diese Finden sie hier.

Zu meiner Person

Mein Name ist Aleksandar Herbrich, und war zum Zeitpunkt wo ich diesen Artikel geschrieben habe 25 Jahre alt. Der Film Systemsprenger geht mir auch deshalb so Nahe weil ich mit Benni mitfühlen kann. Ich war zu meiner Zeit auch ein Systemsprenger, und mein Sachbearbeiter im Jugendamt Hamburg Osdorf wusste auch nichts mehr mit mir anzufangen. Ich habe dann ein Zuhause und einen sehr guten Betreuer in der Jugend Initiative St. Pauli gefunden. Und dem bin ich immer noch sehr Dankbar, weil durch die Fortschritte die ich mit seiner Hilfe gemacht habe, bin ich zumindest Ansatzweise in der Lage ein normales Leben zu führen.

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